, Dr. Thorsten Philipp

Bericht: Die Stadt als Labor. Didaktische Perspektiven auf Transdisziplinarität und partizipative Wissenschaft

Das Kolloquium der AG Transdisziplinäre Didaktik der GTPF befasst sich im September 2024 mit transdisziplinären Lernräumen, in denen die Stadt als Labor und Erprobungsraum erschlossen wird.

Die Stadt als Labor. Didaktische Perspektiven 
auf Transdisziplinarität und partizipative Wissenschaft

Bericht vom Kolloquium der AG Transdisziplinäre Didaktik am 20. September 2024 von Dr.  Thorsten Philipp

Wie und unter welchen Bedingungen können urbane Räume zu Erprobungsorten für neues Wissen und Lernlaboren für sozial-ökologische Transformationen werden? Diese Frage stand im Zentrum des eintägigen Kolloquiums "Die Stadt als Labor – Do-it-yourself-Kultur als Praxis transdisziplinären Lernens", das am 20. September 2024 in Berlin stattfand. Organisiert von der AG Transdisziplinäre Didaktik der Gesellschaft für Transdisziplinäre und Partizipative Forschung (GTPF), brachte die Veranstaltung eine divers zusammengesetzte Gruppe von Wissenschaftler*innen, Praktiker*innen und urbanen Akteur*innen zusammen. Das Ziel bestand darin, transdisziplinäre Lernräume des Selbermachens (DIY) und Zusammenmachens (DIT) zu erkunden, in denen die Stadt als didaktischer Raum für Nachhaltigkeitsexperimente fungiert – unter besonderer Berücksichtigung von Do-it-yourself-Kulturen als Form kollaborativer Wissensproduktion.

Inhalte und Methodik

Das Kolloquium folgte einem dialogischen und explorativen Ansatz und erstreckte sich über mehrere Orte in Berlin. Im transdisziplinär geprägten bauhaus reuse, auf der Mittelinsel des Ernst-Reuter-Platzes begann der Tag mit einer Einführung durch die Organisator*innen Dr. Sabine Sané (University College Freiburg) und Dr. habil. Thorsten Philipp (TU Berlin). Darin wurden zentrale Charakteristika und Fragen transdisziplinärer Didaktik aufgefächert und die Stadt als räumliches Paradigma transformativer Wissenschaft diskutiert. 
Zwei konkrete urbane Initiativen wurden als Beispiele kollaborativer Wissensproduktion und transdisziplinärer Lernprozesse aufgesucht. Das (1) Haus der Statistik in Berlin-Mitte: Maria Zaytzeva (Genossenschaft ZUsammenKUNFT Berlin) stellte das Projekt als Modell gemeinwohlorientierter Stadtentwicklung vor. Die Diskussion kreiste um Strategien zur Aneignung urbaner Räume, partizipative Stadtplanung und die Rolle von Universitäten und studentischer Projekte in der Mitgestaltung und Vermittlung dieser Prozesse. Der (2) Interkultureller Garten Rosenduft in Berlin-Kreuzberg: Begzada Alatović (südost Europa Kultur e.V.) gab Einblicke in die DIY-Kultur als Form solidarischer Stadtgestaltung und Technik der Traumatabewältigung vulnerabler Gruppen. Hier wurde erörtert, inwiefern informelle Bildungsorte zur Begegnung zwischen Universität und Gesellschaft beitragen und welche Themen und Chancen der Zusammenarbeit sich zwischen Studierenden und Zivilgesellschaft auftun.

Debattenkultur und transdisziplinäre Lernräume

Ein zentrales Kennzeichen des Workshops war die vielschichtige Debattenkultur. Die Teilnehmenden brachten diverse bildungsbiographische Hintergründe mit – von Wissenschaft über Kunst bis hin zu aktivistischen und planerischen Perspektiven. Durchgängig wurde die gesellschaftliche Verantwortung von Wissenschaft und universitärer Lehre reflektiert. Wie können Universitäten Räume für experimentelles Lernen schaffen? Welche methodischen Ansätze eignen sich für die transdisziplinäre Lehre? Im Fokus standen innovative Lehrmethoden, die klassische wissenschaftliche Wissensvermittlung mit anderen Wissensformen kombinieren – etwa Storytelling, Case Studies oder Embodied Learning. Ein wiederkehrendes Thema war die Bedrohung urbaner Räume für kollaborative Wissensproduktion durch steigende Boden- und Immobilienpreise. An allen drei Lernorten wurde diskutiert, welche Strategien dazu beitragen können, transdisziplinäre Lernräume langfristig zu sichern. Dabei wurde deutlich, dass Universitäten eine Schlüsselrolle spielen, wenn es darum geht, experimentelle und gemeinwohlorientierte Räume in der Stadt zu erhalten.

Arbeitsergebnis und Ausblick

Als zentrales Ergebnis des Workshops entsteht im Nachgang ein kollaborativer wissenschaftlicher Artikel unter dem Arbeitstitel „Die Stadt als Labor: Do-it-yourself-Kultur als Praxis transdisziplinären Lernens“. Dieser wird voraussichtlich im März 2025 fertiggestellt und Ende 2025 in einem wissenschaftlichen Journal veröffentlicht. Eine engere und systematische Kooperation mit der AG Performative Soziologie (die am Folgetag einen Workshop in Berlin ausrichtete und deren Mitglieder zahlreich anwesend waren) wird angestrebt.